FONDS Professionell - Interview
Im Interview mit FONDS Professionell sprechen Prof. Ulrich Bodenhofer (FH Hagenberg) und Dr. David Striegl (KEPLER Fonds) über den praktischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Fondsmanagement – jenseits von Hype, mit klarem Fokus auf Risikominimierung und fundierter Entscheidungsunterstützung.
Prof. Ulrich Bodenhofer: Künstliche Intelligenz beziehungsweise Artificial Intelligence ist der breiteste und älteste Begriff. Das umfasst eine ganze Reihe von Methoden, die heute alle unter der Dachmarke „KI“ zusammengefasst werden. Und die maschinellen Lernverfahren sind ein Teil davon. Das heißt, Machine Learning ist ein Teil von KI. Der Begriff KI kommt eigentlich aus den 1950er-Jahren und ist deutlich älter, als von vielen vielleicht angenommen wird. Machine Learning kommt aus den 1970er-Jahren. Und seit 12 bis 14 Jahren gibt es das sogenannte Deep Learning. Das sind spezielle Methoden im Machine Learning, basierend auf sehr großen, komplexen neuronalen Netzen, die mit sehr großen Datenmengen trainiert werden. Das Deep Learning ist ein Teilgebiet des Machine Learnings und hat im Prinzip den Hype der letzten Jahre befeuert. Vor zwei Jahren hat das natürlich noch einmal einen ordentlichen Turbo-Booster mit ChatGPT bekommen.
Prof. Ulrich Bodenhofer: Na ja, in der aktuellen Entwicklung steckt schon auch viel Marketing. Wir haben den Begriff KI lange nicht verwendet. Der war ab 1970 in der Mottenkiste, weil es schon damals einen Hype gab und die darauffolgende Enttäuschung, da man sich zu viel erhofft hatte. Mit Deep Learning wurde der Begriff künstliche Intelligenz nun wieder aus der Mottenkiste geholt. Und mit den aktuellen Möglichkeiten sind viele unglaubliche Dinge möglich, für viele unbedarfte Beobachter handelt es sich dabei um „Künstliche Intelligenz“. Und ich glaube schon auch, dass es ein Marketingthema ist, weil der Begriff KI in den Köpfen der Menschen sehr verwurzelt ist. Das heißt, Hinz und Kunz können sich unter KI einfach viel mehr vorstellen als unter Deep Learning. Oder anders formuliert: Den Begriff KI kann man viel leichter verkaufen als Deep Learning, wo nur wenige Eingeweihte wissen, was das ist. Auch wenn beim Begriff KI sehr viele Leute auch teilweise falsche oder wenig akkurate Assoziationen haben. Viele Menschen haben im Zusammenhang mit KI schließlich auch Ängste und sehen Gefahren. Das liegt einfach daran, dass in der Populärkultur die KI oft negativ gesehen wird, obwohl die Methoden und die Technologien, die wir derzeit haben, dieses Bedrohungspotenzial überhaupt nicht hergeben und auch niemand aktiv in diese Richtung geht.
Dr. David Striegl: Es steckt schon viel Marketing dahinter. Viele Fondsgesellschaften schreiben, sie würden KI einsetzen und hätten rein KI-gesteuerte Fonds. Aber wenn man diese Produkte analysiert, zeigt sich, dass diese nicht performen. Es gibt laut unseren Analysen eigentlich keinen rein KI-gesteuerten Fonds, der die Benchmark auf Dreijahresbasis übertroffen hat.
Dr. David Striegl: Aus meiner Sicht ist Over-Fitting sicher ein Thema. Wenn man Zeitserien über einen Zeitraum von zehn oder 20 Jahren hat, dann sind oft nur wenige Einzelereignisse wirklich wesentlich. Das ist oft so, dass ein Modell dann zufällig gerade ein Ereignis richtig vorhersagt und daraus einen Riesenvorteil hat. Dieses Modell wird dann selektiert, obwohl es eigentlich rein auf Zufall aufgebaut ist. Das heißt, dass Einzelereignisse zu wichtig sind und man das Modell zu stark auf die Vergangenheit und ihre Spezialitäten fokussiert und dadurch Muster extrahiert oder Muster identifiziert, die in der Zukunft gar nicht mehr gültig sind. Das zweite Thema ist: Die Finanzmärkte sind sehr dynamisch und durch einen Blick in den Rückspiegel kann man die Zukunft nicht prognostizieren. Eine KI kann im Endeffekt nur vergangene Daten analysieren, und daraus Mustern für zukünftige Entwicklungen generieren.
Dr. David Striegl: Im Wesentlichen ist es so, aber der Finanzmarkt ist halt komplexer und dynamischer, Zusammenhänge verändern sich ständig, und da hat die KI schon große Probleme. Ein weiteres Thema ist der „Alpha-Zerfall“. Je mehr Akteure ein gewisses Alpha ausnutzen wollen, desto weniger wird es wert sein. Wenn man etwas findet, wo Alpha vorhanden ist, dann werden das andere auch tun. Wenn das alle machen, ist kein Alpha mehr vorhanden. Das Alpha verschwindet sozusagen, je bekannter es wird. Ich bin der Meinung, dass rein KI-gesteuerte Fonds nicht die Zukunft sein werden. Es wird einige Hedgefonds geben, ich kenne die Industrie – da wird sehr viel investiert, es wird Personal aufgebaut, es werden Hunderte Millionen investiert und eigene Institute aufgebaut. Die könnten es schaffen, dass sie mit KI- Methoden immer vorn sind, was Daten, Technologie und Wissen betrifft. Aber es ist ein Haifischbecken. Ich glaube nicht, dass traditionelle Fondsgesellschaften da mitmachen sollten. Das sieht man jetzt schon bei der Performance: Im Backtesting funktionieren die Fonds zwar oft ganz gut, dabei übersieht man aber, dass die alten Muster an den Finanzmärkten schon längst verschwunden sind. Die KI-Methoden und die Daten sind zugänglicher geworden und dadurch verschwinden die Muster mehr und mehr. Und das ist auch ein Grund, warum die Fonds wahrscheinlich im Backtest gut ausgesehen haben und jetzt in der Livephase nicht mehr so gut funktionieren.
Dr. David Striegl: Wir haben das in einem Vorprojekt in meiner Londoner Hedgefondszeit verfolgt und haben da die Stärken und Schwächen von KI im Finanzbereich kennengelernt – auf die harte Weise. Es war ein Zweieinhalb-Milliarden-Hedgefonds, der rein KI-gesteuert war. Bereits da haben wir gesehen, okay, das funktioniert nicht. Idealerweise arbeiten Mensch und KI zusammen. Der Mensch hat Stärken und Schwächen, die KI hat Stärken und Schwächen. Wenn man zusammenarbeitet, kann man das aufheben und die Potenziale heben. Und das war bei KEPLER Fonds auch unser Ansatz. Wir haben gesagt, wir möchten nicht, dass die KI die zukünftigen Gewinne prognostiziert, und wir kaufen die dann rein, sondern wir möchten, dass die KI einen Teil entlang des Entscheidungsprozesses übernimmt. Und dann sind wir relativ schnell auf das Thema gekommen, dass KI uns dabei helfen kann, Fehler zu vermeiden. Die KI quasi als Risikomanager zu nutzen: Wir Menschen geben eine Einschätzung zu einem Titel ab und die KI zeigt uns dann an, ob diese Einschätzung gut oder eher schlecht ist. Und da haben wir ganz breit angefangen mit allen möglichen Daten, die es gibt – Makrodaten, Textdaten, Unternehmensdaten, alles Mögliche. Wir haben dann aber rasch erkannt, dass die KI eigentlich verwirrt war, wenn wir alles reingeschmissen haben. Und schließlich hat nichts mehr funktioniert. Dann haben wir gesagt, schauen wir uns nur Unternehmensdaten aus dem technischen und fundamentalen Bereich an und prognostizieren wir Wahrscheinlichkeiten, dass sich das Unternehmen negativ entwickelt. Und damit haben wir etwas was gefunden, auf das wir uns spezialisiert haben.
Dr. David Striegl: Daran wird sich bei KEPLER aus meiner Sicht auch in Zukunft nichts ändern. Wir müssen gegenüber unseren institutionellen Kunden, aber auch gegenüber unseren Privatkunden, wo man in Anlageausschüssen sitzt, in Gesprächen argumentieren können, warum ein Titel im Portfolio ist. Wir wollen niemals in die Situation geraten, dass der Kunde fragt, warum ist dieser Titel im Portfolio, und ich muss dann sagen: Weil die KI das so entschieden hat. Das würde eher für Unverständnis sorgen. Das ist ein Weg, den wir nicht gehen werden. Rein KI-gesteuerte Fonds wird es bei uns daher nicht geben.
Dr. David Striegl: Seit Mitte 2023 setzen wir die KI in all unseren Aktienfonds ein. Prinzipiell werden die Portfolios monatlich evaluiert. Wir schauen uns alle Titel im Portfolio an und bewerten sie nach Value- und Growth-Kennzahlen, nach Quality-Kennzahl. Und dann gibt es Titel, die sich verschlechtert haben, die verkauft werden, die werden aus dem Portfolio rausgenommen. Und dann bekommen andere Titel die Chance, aus der Kauf-Zone aufgenommen zu werden. Und erst dann kommt die KI zum Einsatz. Jene Titel, die wir prinzipiell vom Scoring und vom Momentum etc. her interessant finden, werden dann noch einmal von der KI überprüft. Wenn die KI-Meinung negativ ausfällt, verzichten wir dann gegebenenfalls auf den Kauf. Was wir nicht machen, ist, dass wir die Titel automatisch verkaufen, wenn die KI ein entsprechendes Signal liefert.
Prof. Ulrich Bodenhofer: Dazu gibt es bereits entsprechende Auswertungen: In sieben von zehn Sektoren haben wir einen Signalvorteil herausholen können, wobei auffallend nur der Energie- und der Versorgersektor sind. Da haben wir sehr wenige Signale gehabt, und die Signale, die wir bekommen haben, waren falsch. Aber im Schnitt haben wir einen Signalvorteil. Es kommt zwar darauf an, welcher Fonds es ist, aber der Vorteil bewegt sich im Bereich zwischen einem und eineinhalb Prozent. Das ist nicht sehr viel, und die KI ist für uns auch nicht der heilige Gral, aber sie hilft uns, vielleicht ein bisschen besser zu sein als die Mitbewerber.
Prof. Ulrich Bodenhofer: Nein, es ist alles auf Python-Basis selbst programmiert, kein ChatGPT. Alles läuft bei uns inhouse abgesichert. Auf die Fragen, die wir uns stellen, würde man von ChatGPT auch keine vernünftige Antwort bekommen. ChatGPT ist nicht in der Lage, alle Kennzahlen der beteiligten Unternehmen und die ganzen Makrodaten auf einmal einzubeziehen. Und das gesamte finanzielle Wissen ist auch in ChatGPT nicht drin. Wir haben natürlich schon versucht, mit ChatGPT zu arbeiten, aber es hat sich gezeigt, dass das nicht funktioniert. Wir müssen sehr viele Zeitserien parallel analysieren und versuchen, daraus Muster für positive oder negative Entwicklungen zu extrahieren. Es ist ein klassischer Machine-Learning-Ansatz und auf jeden Fall nicht das Verwenden irgendwelcher Foundation-Models à la ChatGPT.
Dr. David Striegl: Wir haben jetzt ein Projekt im Anleihebereich gestartet, aber für Details ist es noch zu früh. Aktuell analysieren wir auf Unternehmensebene und somit ist es nicht wirklich sinnvoll, damit Assetklassen zu steuern. Deswegen haben wir vor eineinhalb Jahren ein zweites Projekt gestartet, wo es um die Steuerung von Value- und Growth-Stilen geht. Und das wird dann für die Kollegen im Dachfondsbereich schon interessant. Die steuern diese beiden Stile in ihren Produkten und da haben wir bereits sehr gute Ergebnisse. In den kommenden zwei Monaten wird das System dann auch im Dachfonds- und im Asset-Allocation-Team zum Einsatz kommen. Da nutzen wir Makro-, Unternehmens-, Sektor- und Assetklassendaten. Und die KI sagt uns dann, mit welcher Wahrscheinlichkeit Value- oder Growth-Aktien outperformen werden. Das gleichen wir dann mit der menschlichen Einschätzung ab. Und wenn die beiden übereinstimmen, dann setzt man den Schwerpunkt auf Value- oder Growth-Aktien.
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